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Königin hinter Gittern

Jetzt, wo sie wieder befreit wurden, können wir's ja sagen: Wir haben unsere Königinnen die letzten drei Wochen inhaftiert. Sie waren hinter Gittern.

Warum das Ganze? Es geht um einen Parasiten der Bienen, die Varrao-Milbe mit dem passenden Namen Varroa destructor. Seit etwa den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts besiedelt die Milbe praktisch alle Bienenvölker Europas (und weit darüber hinaus). Die Milbe an sich tötet die Bienen nicht, aber sie malträtiert durch ihr Beiss- und Vermehrungsverhalten die Bienenvölker. Und sie überträgt Viren, wodurch die Bienen geschwächt werden, so dass die Völker zu schwach sind, um den Winter unbeschadet zu überstehen. Also besteht Handlungsbedarf.

Nach den Medikamentengaben der ersten Jahrzehnte ist inzwischen der Einsatz von Säuren das gängigste Mittel, verwendet werden meist Ameisensäure oder Oxalsäure (Kleesäure). Vor allem die Ameisensäure stellt nach unserer Einschätzung eine starke Belastung der Völker dar, so dass wir deren Anwendung vermeiden wollen.

Gibt es Alternativen zum Chemikalieneinsatz? Ja. Eine Brutpause im Juli. Das reduziert die Milbenlast ganz erheblich, da die Milbe sich nur vermehren kann, solange Bienenbrut vorhanden ist. Wir haben deshalb Anfang Juli die Königinnen auf eine separate gekäfigte Wabe gesetzt, die von den restlichen Waben durch ein Absperrgitter getrennt ist. Die Königin hat weiterhin Körperkontakt zu den Bienen ihres Volkes, aber sie kann nur noch auf einer Wabe Brut anlegen. Sobald diese Bannwabe voll mit Brut ist, kann sie entnommen und durch eine neue leere Wabe ersetzt werden, die von der Königin weiterhin mit Eiern belegt werden kann.

Der Zweck der Übung: Diese Bannwabe wirkt wie ein Magnet auf die Milben, die auf den restlichen Waben keine Bienenbrut mehr vorfinden, die sie zur eigenen Reproduktion unbedingt brauchen. Die frei auf den Bienen sitzenden Milben werden also wie von einem Magneten angezogen auf die eine Bannwabe gelockt. Und diese Bannwabe wird entnommen und somit das Volk von sehr vielen Milben befreit. Dieses Verfahren wurde maßgeblich vom Bienenwissenschaftler Dr. Büchler von Bieneninstitut im hessischen Kirchhain entwickelt und wird von immer mehr Imkerinnen und Imkern angewendet.

Die sommerliche Brutpause nutzen wir obendrein, um die "alten Schwarten", also schon mehrfach bebrütetete dunkle Waben auszusortieren, sobald sie brutfrei sind. Wir erreichen so eine Bauerneuerung mit frischem Wabenwerk.

Das alles dient der Unterstützung der Völker bei der Bekämpfung des Parasiten. Denn die Hauptarbeit müssen die Bienen leisten. Die Östliche Honigbiene in weiten Teilen Asiens wird dem Vernehmen nach ganz gut mit dem Parasiten fertig, sie erkennen den Milbenbefall und räumen die eigene Brut aus, wenn der Milbenbefall zu hoch ist. Unsere Westliche Honigbiene muss dieses varroasensitive Hygieneverhalten erst noch auf breiter Basis erlernen. Erste Fortschritte sind erkennbar, aber es wird noch etliche Bienengenerationen dauern. Und bis dahin müssen wir die Bienen unterstützen - auch durch die vorübergehende Inhaftierung der Königin.

Ab heute sind alle Mamas wieder frei und können sich weitgehend milbenfrei der Eilage für die Aufzucht gesunder Winterbienen widmen.